Samstag, 6. Mai 2023

Die hl. Irmgard von Aspel - 3. Sturm des Schicksals - Folge 2

3. Sturm des Schicksals

Schloss Heimbach

Kaum daß sie die Burg hinter sich haben, stößt eine Schar Bewaffneter zu den Reisenden. „Gevehard“, entfährt es der erstaunten Gräfin, „Gevehard, schickt Euch die Vorsehung hierher?“ Gevehard, ein Kindgespiele der Gräfin, hatte auf seinen Gütern im Eifelwald von den Übergriffen Balderichs gehört. Ungesäumt war er den Frauen entgegengeritten. Nun bietet er sich als Beschützer an.

„Wir danken Euch für eure Treue“, sagt die Gräfin leise und warm. „Davon haben wir nicht allzu viel erfahren seit meines Gemahls schmerzlichen Tot.“ Erlaubt mir, Euch bis zur Burg Heimbach das Geleit zugeben; die Zeiten sind unsicher und die Reise nicht ohne Gefahr.“

Die Straße zieht zuerst durch Wiesengrund dem festen Rees entgegen. Dann biegt Sie leicht nach dem Süden ab und lenkt dem Rheinstrom zu. Mit der Fähre würde man an das andere Ufer übersetzen und endlich hinter dem Aachener Land in die Berge hineinstreifen. Als der Strom in der Ferne aufblitzt, trabt einer auf einem Pferd in die Richtung auf Aspel zu. Der drängt dicht an das Pferd Irmgards heran. „Nun reite ich doch wieder auf die Burg“, zischt es an Irmgards Ohr. „Hörst du, an den See, wo man mit dicken Steinen die Fische treffen kann. Und dich, dich fange ich mir doch einmal.“… Und drückt dem Pferd die Sporen in die Weichen, daß es senkrecht Aufsteigt, und rast davon. „Der Goswin!“ murmelt blaß das Mädchen. Und Ihre Hand die die Zügel hält, zittert. …

Am Rhein liegt der Abend schon über dem Wasser und mischt sein rotes Gold in die rastlos ziehenden Wellen. „Wohin sie nur alle streben?“ meint Irmgard, die zum erstenmal vor dem prächtigen Strome steht und an dem wunderbaren Anblick ihrer Schrecken vergißt. „Unaufhörlich löst eine Welle die andere ab. Nichts bleibt. Alles zerfließt, wie auch unser Leben zerfließt, wie auch unser Leben zerflossen ist seit des Vaters Tod.“

Gevehard sieht des Kindes Bewegung. „Einmal gelangen sie ins Meer“, sagt er auf ihren fragenden Blick. „O, das Meer ist groß! Da sieht man keine Grenze. Davor wird alles ruhig, weil es so über die Maßen herrlich ist.“ – „Wie der liebe Gott?“ fragt das Kind.

Grenzenlos und ruhig und voller Herrlichkeit?“ – „Ja, vielleicht wie der liebe Gott. Nur ist Gott noch viel, viel mehr.“

Immer wieder muß Irmgard an den lieben Gott denken und wie man zu Ihm gelangen möchte, so wie die ruhelosen Wellen ins Meer.

Burg Heimbach wächst schroff aus dem Gefels der Berge. Sie ist von Bergen ringsum eingeschlossen. Dunkle Wälder und nackter Fels unterstreichen die herbe Landschaft, in der es nicht leicht ist, sich daheim zu fühlen. Besonders denen nicht, die durch ruchlose Gewalt aus der sonnigen Niederung des Rheins hierher vertrieben die trutzigen Mauern als Unterschlupf betrachten müssen, als Schutz vor dem gewaltigen Feind.

Gevehard hatte wie selbstverständlich den Frauen Beistand und Hilfe angeboten, wenn immer sie seiner bedürften. Die Gräfin hatte dankbar angenommen. In dieser goldenen Treue, das erfühlte sie mit dem feinen Sinn der Frau, kannte man wieder zum Vertrauen an die Menschen genesen. …

Es gingen die Jahre dahin, traurige, dunkle Jahre. Balderich wurde immer drohender und herausfordernder. Was brauchte eine Frau jenen Platz in der Eifel, der zum Stützpunkt neuer Eroberungen für ihn werden konnte? Ohne den starken Schutz eines Mannes, das wusste die Gräfin, würde sie auch dieser letzen Zuflucht in Heimbach verlustig gehen. Was würde dann aus Ihren Kindern? Die Not bewog sie, dem ritterlichen Werben des Grafen Gevehard um Ihre Hand nachzugeben, und der Ritter zog als Schloßherr auf der Burg Heimbach ein.

Das wurde der Kriegsruf für die Uplader. Alle Schrecken einer langen Belagerung wuchsen in dem Eifelschloß. Es gelang den Feinden, den Eingeschlossenen jeden Zugang abzuschneiden. Bald waren die Vorräte aufgezehrt; der Hunger quälte; die Not stieg ins Riesenhafte. Die Rettung kam wie ein Wunder. Als die mit genauer Not aus einem versteckten Ausgang entwichenen Frauen in einem Haus an der Straße rasteten, hörten Sie: Der Kaiser ist wieder im Land! Er reitet auf Rees zu! Balderichs Mannen sind in großer Eile von Aspel abgezogen. Die Burg ist frei. Bald reitet die Gräfin und ihre Töchter kaiserliches Schutzgeleit entgegen. Nach langer Trennung begrüßen die heimkehre die schöne traute Heimatburg. …

Viel Lärm und leiderfüllte Schicksalszeit im Leben der heiligen Irmgard von Aspel sollte ihr bald noch einen anderen hellen Trost schenken, so hell und warm, das das Saatkorn, von Not und Leid in die furchen ihres Herzens gestreut, anfangen konnte, zu reichem Wachstum aufzupriesen: Der Kaiser mit seiner Gemahlin ist zu Gast im Aspeler Schloß. Kaiserin Kunigunde ist liebreich wie nie zu dem ernsten, nun erwachsenen Mädchen. Die hundert Fragen in dessen Seele bleiben Ihr nicht verborgen. Licht bringen, wenn man sich selbst vor all dem Bedrohenden fürchtet, was Leben heißt? Ja, Kind, das fürchten verlernt nur der, der sich ganz in die Liebe Christi hineingibt. Wer für Ihn lebt, kennt keine Furcht mehr. Und weil er die Furcht nicht kennt, kann er die Leuchte ins Dunkel tragen, die Leuchte des Wortes, die Leuchte der milden Tat, die Leuchte tapferer Zurechtweisung, wenn es sein muß. …

Als die hohen Verwandten scheiden, nachdem Balderich scharf in seine Grenzen zurückgewiesen worden war, fängt der Garten der Heimatburg für Irmgard wieder an zu blühen, sind alle Räume vom warmen Lichte durchtränkt, das ihre Seele zu Großem mutig macht. Und als noch einmal schweres Schicksal in das Schloß einbricht durch den unversehenen Tod Gevehards und den plötzlichen der von allem schreckensvollen Erleben zermürbten guten Mutter, da bleibt die junge Schloßherrin ruhig. Sie schaut über die Wogen des Vergänglichen Gott, der dies Wandelbare in Händen hält und in dessen Liebe sich hineinzubergen ihr jetzt das höchste Glück ihres Lebens scheint. Denn wie hatte die Kaiserin Kunigunde zu Ihr gesagt? „Wer für ihn lebt, kennt keine Furcht mehr. Er wird die Leuchte in dieses Dunkel tragen. Weil seine Seele ruhig geworden ist an der Ewigkeit.“

Fortsetung Folgt

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